Auf dem schmalen Grat zwischen Gerechtigkeitsfanatiker und Racheengel bewegt sich Michael Kohlhaas in der gleichnamigen Novelle von Heinrich von Kleist. Vor dem Hintergrund eines rechtlich noch wenig etablierten Bürgertums und der Herrschaft von Adel und Kirche pocht der brandenburgische Pferdehändler Michael Kohlhaas auf sein Recht und scheut sich nicht, beim Kampf um das Anrecht auf Gesetz und Ordnung sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.
Michael Kohlhaas lebt mit Frau und Kindern in der Nähe von Potsdam in Brandenburg. Er gilt als angesehener Pferdehändler, der brav und loyal seinen Geschäften nachgeht. Sein arbeitsreiches Leben ist frei von Makel und Skandalen. Stolz und Selbstbewusstsein prägen einerseits sein Schaffen, gesetzwidriges Handeln und illegale Geschäfte sind ihm zuwider. Seine Würde und sein Ehrgefühl lassen es andererseits nicht zu, sich Obrigkeiten oder höhergestellten Personen demütig zu unterwerfen.
Vom ehrbaren Kaufmann zum rachsüchtigen Brandschatzer
Als Kohlhaas eines Tages mit einigen Reitpferden unterwegs nach Sachsen ist, um sie dort zu verkaufen, kommt es unterwegs zu einem gravierenden Zwischenfall: Beim Passieren der Burg des Junkers Wenzel von Tronka wird ihm die Weiterreise verwehrt. Vielmehr verlangt man nach einem Passierschein, den Kohlhaas jedoch nicht vorweisen kann. Schließlich einigt er sich mit dem Junker und lässt ihm zwei Pferde als Pfand zurück. Nachdem der Pferdehändler seine Tiere in Sachsen verkauft hat, erfährt er dort, dass es den von ihm verlangten Passierschein gar nicht gibt. Also verlangt er bei seiner Rückkehr vom Junker von Tronka seine Pferde zurück. Hierbei muss er jedoch feststellen, dass sich die edlen Tiere in einem äußerst schlechten Zustand befinden: Man hat sie zwischenzeitlich hart arbeiten lassen, kaum gepflegt und offensichtlich schlecht gefüttert. Wütend und Anblick seiner nun wertlosen Pferde fühlt sich Kohlhaas in seinem Rechtsempfinden gravierend gestört. Er sieht sich benachteiligt und will diese Ungerechtigkeit keineswegs wehrlos hinnehmen.
Als er jedoch in seinem Bestreben nach fairer Behandlung durch Recht und Gesetz nicht weiter kommt, reicht er schließlich Klage beim Kurfürst von Sachsen ein. Doch schnell muss er erkennen, dass auch Junker von Tronka dem sächsischen Adligen seine Interessen bekundet hat. Vollkommen verbittert versucht Michael Kohlhaas auf allen möglichen Wegen, zu seinem Recht zu kommen. Als ihm das nicht gelingt, versucht seine Frau, ihn zu besänftigen und bittet ihn, seinen Gegnern nachzusehen und ihnen zu verzeihen. Das aber will dem Pferdehändler aus Brandenburg einfach nicht gelingen. Als während dieser Zeit seine Frau stirbt und er mit den Kindern allein zurückbleibt, schwört er Rache und scheut nun selbst vor keinem Unrecht mehr zurück.
Das Recht bekommen teuer mit dem Tod bezahlt
Er versammelt einen Trupp verwegener Gesellen um sich, die sich um Recht und Gesetz nur wenig kümmern und Kohlhaas bei seinem Rachefeldzug unterstützen. Dem ehemaligen Pferdehändler liegt primär daran, des Junkers von Tronka habhaft zu werden, den er als eigentlichen Verursacher seiner Situation sieht. Dabei scheut der einst ehrwürdige Handelsmann nun vor keiner Gräueltat mehr zurück: Mit seinen Helfern und Gleichgesinnten überfällt er die Tronkenburg und tötet alle Personen, die er dort antrifft. Der Junker aber kann dem rachsüchtigen Kohlhaas entkommen und flieht unter anderem nach Wittenberg an der Elbe. Seine Verfolger aber sind ihm auf den Fersen und scheuen nicht davor zurück, die Lutherstadt mehrmals in Brand zu setzen.
Als die Meute um Michael Kohlhaas den Junker von Tronka in Leipzig vermutet, scheut sie sich nicht davor, auch Häuser in der Stadt im Osten Sachsens in Schutt und Asche zu legen. Als Kohlhaas schließlich Martin Luther trifft, erwirkt der Reformator durch eine Bittschrift freies Geleit für den früheren Pferdehändler bis nach Dresden. Als Kohlhaas durch die Intervention Luthers eine Möglichkeit erhält, sein Anliegen hier erneut vor Gericht verhandeln zu lassen, zieht seine ehemalige Meute weiter durch das Land und verübt eine Gräueltat nach der anderen. Angeführt wird der Haufen von Johann Nagelschmidt. Der will ihn aus Dresden befreien. Jedoch wird eine Botschaft Nagelschmidts an Kohlhaas abgefangen und dieser schließlich verhaftet.
Zwar kommt es später unter dem Kurfürsten von Brandenburg tatsächlich zu einem Prozess, in welchem der Junker Wenzel von Tronka zu Schadensersatz verpflichtet wird. Michael Kohlhaas aber wird zum Tode verurteilt. Sein blutiger Rachefeldzug hat ihn selbst zu einem Gesetzlosen gemacht, der seiner einstigen eigenen Ideologie auf grausame Weise abtrünnig geworden ist.
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